Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage beschäftigt, ob Wettbewerber Unternehmen wegen möglicher Datenschutzverletzungen verklagen können. Am Donnerstag (8.30 Uhr) will Karlsruhes erster Zivilsenat seine Entscheidung darüber bekannt geben. Er kann Fragen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorbringen, bevor er darüber entscheidet, da die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) betroffen sein kann. (Az. I ZR 222/19 ua)
Im konkreten Fall verklagte ein Apotheker zwei Wettbewerber, die Produkte über die Internetplattform Amazon vertrieben. Aus seiner Sicht werden Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO erhoben, die Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand einer Person zulassen, wie sein BGH-Anwalt Peter Rädler bei einer Anhörung im September feststellte. Amazon hat Zugriff auf die Daten, aber dort arbeiten keine Pharma-Leute. Apotheker greifen auch nicht wie im Verkaufsraum ein, wenn Leute Lügen über Produkte erzählen – zum Beispiel in Kundenrezensionen.
Ein Vertreter der anderen Partei, Thomas Winter, argumentierte, dass durch die Bestellung über den Amazon-Marktplatz keine Rückschlüsse auf tatsächliche Patienten gezogen werden könnten. Sie können auch Nasenspray für Ihr Kind bestellen. Zudem kommt der Kaufvertrag direkt mit dem Apotheker zustande, nicht mit Amazon, und nur er hat Zugriff auf das Produkt.
Um welche Art von Daten handelt es sich?
Senatsvorsitzender Thomas Koch sagte damals, es müsse geklärt werden, ob es sich tatsächlich um Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO handele und wer für deren Verarbeitung verantwortlich sei. Fraglich ist auch, ob es im Interesse des Gesetzgebers liegt, Wettbewerbern Klagen wegen angeblicher Datenschutzverstöße zu ermöglichen – oder ob dies direkt betroffenen Kunden oder Verbraucherschutzverbänden vorbehalten ist.
Im Hinblick auf Verbraucherschützer hat das Bundesgericht einen ähnlichen Fall verhandelt, in dem der Bundesverband der Verbraucherzentralen gegen das Internetunternehmen Facebook vorgegangen ist. Im November kündigte der Senat an, den Europäischen Gerichtshof erneut in Detailfragen zu Luxemburg einzubeziehen. (Az. I ZR 186/17)
Erstmals hat der BGH den Europäischen Gerichtshof um Stellungnahme zu der Frage ersucht, ob das Klagerecht des Vereins gegen die DSGVO verstößt. Richter in Luxemburg haben im April entschieden, dass Verbände mit Rechten nach nationalem Recht in Fällen, in denen Internetgiganten gegen Datenschutzregeln verstoßen, für Nutzer vor Gericht gehen können – auch ohne konkrete Anordnung der Betroffenen. Ob auch Konkurrenten eines Unternehmens klagen können, wollte der EuGH nicht kommentieren.