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Ich bin wütend und traurig über antisemitische Vorfälle.

Roland Kaiser feiert einen Bühnen-Meilenstein.

Roland Kaiser steht seit einem halben Jahrhundert auf der Bühne.
Roland Kaiser steht seit einem halben Jahrhundert auf der Bühne.

Ich bin wütend und traurig über antisemitische Vorfälle.

Roland Kaiser, eine Legende der Musikbranche, steht seit sage und schreibe 50 Jahren auf der Bühne. Diesen unglaublichen Meilenstein feiert der mittlerweile 70-jährige Sänger mit einer bundesweiten Tournee, die ihn unter anderem nach Bad Segeberg, Iffezheim, Hamburg, München, Köln und Berlin führt. Im Interview mit ntv.de spricht die Musik-Ikone über die Geheimnisse seiner Jugendlichkeit und seine Sorgen mit aktuellen Themen wie dem Erstarken der Rechten und dem zunehmenden Antisemitismus.

Der Interviewer: "Herr Kaiser, wo erwischen wir Sie gerade?"

Roland Kaiser: "In meinem Hotelzimmer. Ich mache jetzt noch ein paar Telefoninterviews, bevor ich zu den Proben fahre."

Angesichts Ihrer 50-Jahre-Jubiläumstournee, bei der Sie pro Show 50 Hits singen werden, muss es ziemlich hektisch zugehen. Wie schaffen Sie das?

Da wir nicht alle 50 Songs in ihrer Gesamtheit spielen können, haben wir eine Lösung gefunden. In meinem Repertoire werden Songs in Form von Medleys vorkommen, sonst würden die Konzerte die halbe Nacht dauern, was nicht praktikabel ist.

Wie haben Sie die Songs ausgewählt?

Wir haben die Top-20-Hits und andere Titel aufgenommen, die mich im Laufe meiner Karriere stark beeinflusst haben. Diese Songs haben über die Jahre hinweg bei den Fans Anklang gefunden, also sind sie ein Muss.

Gibt es Shows, auf die Sie sich besonders freuen, wie die Kaisermania" in Dresden oder die Waldbühnenkonzerte in Berlin?

Als gebürtiger Berliner habe ich eine besondere Verbindung zu dieser Stadt und den Menschen. In der Waldbühne haben viele unvergessliche Konzerte stattgefunden, und es ist ein Privileg, an diesem kultigen Ort aufzutreten. Auch die "Kaisermania" war ein unvergesslicher Teil meiner Open-Air-Konzerte. Ganz zu schweigen davon, dass ich zum ersten Mal in einem Stadion vor 40.000 Menschen spielen werde. Darauf freue ich mich schon sehr.

Wen haben Sie im Laufe der Jahre in der Waldbühne live erlebt?

Es gab viele bemerkenswerte Auftritte in der Waldbühne, wie z.B. Tina Turner, Paul McCartney, die Rolling Stones, Rod Stewart und ein wirklich erstaunliches Erlebnis mit Stevie Wonder während eines Regengusses.

Wie erklärt sich Ihrer Meinung nach die große Altersspanne bei Ihren Konzerten?

Vielleicht suchen die Menschen in dieser schwierigen Zeit nach Konstanten. Sie erkennen dich als jemanden, der schon immer da war und sich nicht viel verändert hat, was ihnen ein Gefühl von Zuverlässigkeit und Trost vermittelt.

Wann war Ihr erstes Solokonzert?

Ich bin 1982 in der Hugenottenhalle bei Frankfurt aufgetreten. Ich erinnere mich so genau daran, weil der Programmdirektor des ZDF, Peter Gerlach, dabei sein wollte. Seine Anwesenheit war bedeutsam und wichtig für mich. Leider wurde er im Verkehr aufgehalten und kam zu spät, so dass ich alle folgenden Konzerte um 20.07 Uhr beginnen musste.

Was ist Ihre Meinung zu den großen Veränderungen in der Musikindustrie? Das Vinyl ist der CD gewichen, die dann durch Streaming ersetzt wurde. Manche mögen das als Verlust betrachten, andere als Fortschritt...

Als aufgeschlossener Mensch stehe ich neuen Entwicklungen offen gegenüber. Junge Leute haben heute einen leichteren Zugang zu Musik, die schneller und erschwinglicher ist. Es ist aufregend zu sehen, was in der Musik passiert, denn jede Art von Musik kann erfolgreich sein, wenn sie von hoher Qualität ist. Irgendwann wird es zu einer Angleichung kommen, und ich bin sehr dafür.

Wie wichtig ist ein ausgewogenes Privatleben für Sie, um relevant zu bleiben und nicht von den aktuellen Entwicklungen abgekoppelt zu werden?

Ich versuche, gut informiert und offen für Veränderungen zu sein, weil ich glaube, dass das die Kreativität fördert. Auf diese Weise macht es mehr Spaß. Heutzutage kann man mit guter Qualität allein sehr weit kommen.

Roland Kaiser, inzwischen 70 Jahre alt, rockt auch nach 50 Jahren noch die Bühne mit einer dynamischen Mischung aus klassischen Hits und aufregendem neuen Material. Besuchen Sie seine Tournee, um sein legendäres Talent persönlich zu erleben!

Ich arbeite häufig mit meiner 25-jährigen Tochter zusammen und betone, wie wichtig es ist, dass beide Generationen voneinander lernen. Es ist wichtig, dass junge Menschen von älteren Menschen lernen und umgekehrt. Ich bin offen dafür, mir von meinen Kindern oder Enkeln Wissen anzueignen, denn sie haben einen anderen Blickwinkel. Auch wenn sie jünger sind, sollte man ihre Sichtweise nicht als falsch abtun; sie ist einfach anders und oft richtig. Es ist wichtig, diese anderen Ansichten zu akzeptieren und zu berücksichtigen.

Ist die Unfähigkeit, einander zuzuhören, heute zu einem wichtigen Thema geworden?

Auf jeden Fall. Es ist anstrengend, anderen zuzuhören und sie zu Wort kommen zu lassen. In bestimmten Talkshows sieht man oft, wie sich die Leute gegenseitig unterbrechen, was manche Moderatoren sogar noch fördern. Mir macht es Spaß, anderen zuzuhören und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern - ohne Unterbrechungen oder Urteile.

Stoßen Sie auf irgendwelche Hindernisse, wenn Sie mit jüngeren Menschen in der Unterhaltungsbranche zusammenarbeiten? Sie scheinen z. B. in Bezug auf die Geschlechtsidentität etwas leidenschaftslos zu sein...

Sprachen entwickeln sich ständig weiter. Ich bin 72 Jahre alt und habe mit dem Sprechen begonnen, als ich etwa vier Jahre alt war. Seitdem hat sich die Sprache stark verändert. Regierungen, wie die deutsche, erkennen diesen Wandel an, indem sie die Menschen ermutigen, sich anzupassen. Unsere Sprache von vor 50 Jahren unterscheidet sich erheblich von der von heute. Dieser Wandel ist nicht ausschließlich negativ, denn es gibt auch positive Aspekte zu berücksichtigen. Dennoch habe ich Künstler, Lehrer und andere immer ermutigt, sich auf Veränderungen einzustellen.

Warum diskutieren wir dieses Thema überhaupt so ausführlich?

Es ist akzeptabel, wenn der Einzelne so glücklich sein will, wie er will. In Köln spiegelt das Motto "Jeder Jeck ist anders!" diese Sichtweise wider. Wir sollten uns ein hohes Maß an Toleranz zu eigen machen.

Bei Ihren Auftritten steht in erster Linie die Unterhaltung im Vordergrund, aber in Interviews oder an anderen Stellen sprechen Sie auch politische Themen an: Manchmal habe ich eine unausgesprochene Vereinbarung mit meinen Zuschauern, dass ich dafür verantwortlich bin, für etwa zweieinhalb Stunden der Realität zu entfliehen. Mein Ziel ist es, diese Umgebung bei meinen Konzerten zu schaffen. Bei Interviews, sei es mit Journalisten oder Kollegen, bin ich bereit, über politische Themen zu sprechen. Ich vermeide es jedoch, während meiner Auftritte Reden zu halten.

Was sind Ihre aktuellen Sorgen?

Das Erstarken des Konservatismus - nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa - und der wieder aufkeimende Antisemitismus empören mich und machen mich traurig. Es ist beunruhigend, dass Juden in einem Land wie dem unseren, das die Gräueltaten des Krieges überlebt hat, immer noch Ressentiments und Angst vor Gewalt erleben. Manche Juden nehmen sogar ihre Kippa in der Öffentlichkeit ab, um Angriffen zu entgehen. Die Abschirmung jeder Synagoge ist notwendig, aber ich finde es traurig.

Welche Maßnahmen können wir ergreifen, um dieses Problem anzugehen?

Wir sollten weiterhin versuchen, die Menschen durch unsere Worte zu beeinflussen. Ich habe kürzlich an einer Demonstration teilgenommen und eine Rede am Brandenburger Tor gehalten, wo mir Tausende zuhörten. Diese Art von Veranstaltungen ist sehr wichtig. Die Wiederholung solcher Botschaften ist wichtig, um das öffentliche Bewusstsein zu wecken.

Wie können Sie sicherstellen, dass Ihre Botschaft auch diejenigen erreicht, die nicht zu Ihrem Kreis gehören?

Journalisten sollten immer bedenken, wo ihr Publikum vielleicht noch nicht mit ihnen übereinstimmt, und versuchen, diese Menschen zu erreichen. Selbst wenn sie nur jemanden zum Nachdenken anregen, ist das ein Fortschritt.

Sie sind nicht übermäßig aktiv in den sozialen Medien, wo Fehlinformationen oft zu Antisemitismus und einem Rechtsruck führen. Sind Sie besorgt darüber, wie Fehlinformationen die Menschen beeinflussen?

Nicht die Plattform ist besorgniserregend, sondern der falsche Umgang mit ihr. Ich lasse meine Tochter meine sozialen Medien verwalten, weil sie darin geschickter ist. Sie geht vernünftig und klug damit um. Wir achten bei unseren Beiträgen darauf, dass sie mit meinen politischen Überzeugungen übereinstimmen.

Was steht nach dem Ende Ihrer Tournee im August als Nächstes auf dem Programm?

Ein neues Album wird im Februar oder März erscheinen, und wir planen eine neue Tournee, die im April beginnen soll.

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Quelle: www.ntv.de

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