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Große Gerichtsverfahren und Sammelklagen belasten die Gerichte

Prozess um Juwelenraub im Grünen Gewölbe
Die Angeklagten sitzen neben ihren Anwälten im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts vor der Verhandlung im Prozess um den Juwelenraub auf das Grüne Gewölbe im Dresdner Residenzschloss im November 2019.

Strafverfahren mit dutzenden Beteiligten und komplexen Sachverhalten erschweren die Arbeit der sächsischen Landesgerichte ebenso wie Massenklagen, die Einführung elektronischer Akten (E-Akten), hohe Altersdurchschnitte und Krankenstände. Eine Sprecherin des Oberlandesgerichts Dresden (OLG) sagte, es gebe ein Sonderverfahren für Dieselabgasstreitigkeiten und die Zahl der Neuklagen im Jahr 2022 liege bei knapp 1.100.

Darüber hinaus führen private Krankenversicherer zivilrechtliche Klagen wegen Beitragsanpassungen, in denen sich Versicherte (hauptsächlich vertreten durch darauf spezialisierte Anwaltskanzleien) gegen Tariferhöhungen wehren. Zahlreiche andere Klagen betreffen fondsgebundene Lebensversicherungs- und Rentenversicherungsverträge, die keine ordnungsgemäße Beschreibung des Rücktrittsrechts enthalten und daher nichtig sein sollten.

Der Staatsschutzsenat hält seit mehr als einem Jahr den Prozess gegen die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. und drei Mitangeklagte fest, der derzeit im Mai abgeschlossen werden soll. OLG-Präsident Leon Ross sagte, auch für die Anhörung in der OLG-Hochsicherheitshalle am Stadtrand werde Sicherheitspersonal benötigt, eines davon wegen des zeitweise starken Personalmangels wegen Corona.

Der Krankheitsfall sorgte auch für Verzögerungen im Prozess im Schmuckdiebstahl-Fall Grünes Gewölbe am Landgericht Dresden, der ebenfalls vor dem Sonder-Oberlandesgericht verhandelt wurde – mit 6 Angeklagten, 14 Verteidigern, 3 Staatsanwälten und zahlreichen Sachverständigen und Zeugen. Nach Angaben eines Gerichtssprechers verhandelt der Wirtschaftsstrafgerichtshof seit Juni 2021 ein umfassendes Steuerstrafverfahren. Auch dort mussten Termine coronabedingt mehrfach verschoben werden. Die Fertigstellung ist nun für das erste Quartal 2023 geplant.

Im zivilen Bereich kam es 2022 vermehrt zu Gerichtsverfahren zur Ausweitung des Dieselskandals auf Wohnmobile sowie zu Architektenhonorarklagen, in denen mehr als 500.000 Euro eingeklagt wurden. Generell gibt es dort immer wieder Probleme mit elektronischen Akten, die wegen technischer Störungen oft stundenlang unterbrochen werden. Ein Gerichtssprecher rechnete weiterhin mit einer “sehr hohen Arbeitsbelastung”.

Am Landgericht Chemnitz gab es sieben Angeklagte und einen weiteren Angeklagten mit neun Verdächtigen, 18 Verteidigern, sechs Nebenklägern und bis zu 60 Zeugen. Bei Dieselabgasstreitigkeiten sei der Höhepunkt jedoch bereits überschritten, die Zahl sei 2022 stark zurückgegangen, „wahrscheinlich aufgrund gefestigter Rechtsprechung in vielen Bereichen vor Bundesgerichten“, sagte eine Gerichtssprecherin. Andererseits haben die „Anfangsschwierigkeiten“ mit elektronischen Dokumenten „alle viel Zeit in Anspruch genommen“. Verfahren können sich auch verzögern, wenn Mitarbeiter, Angeklagte, Anwälte oder Zeugen erkranken.

Auch Dieselabgasprozesse vor dem Landgericht Leipzig seien rückläufig, „wohl auch, weil in diesem Zeitraum eventuell bestehende Ansprüche auch gesetzlich verjährt sein können“, sagte ein Sprecher. Nach der Einführung der elektronischen Einreichung erschwerten und verzögerten jedoch die zahlreichen Anhänge zu den Schriftsätzen der Prozessbeteiligten die Bearbeitung solch umfangreicher Rechtsstreitigkeiten. In Strafsachen nimmt die Zahl der Verhandlungstage zu, vor allem in erstinstanzlichen Fällen – Kammern müssen teilweise an vier Tagen in der Woche verhandeln.

Ein Sprecher sagte, das Landgericht Görlitz werde durch einen hohen Altersdurchschnitt, eine „sukzessive rollende Verrentungswelle“ und die Einstellung junger Menschen belastet. Auch bei den Zivilgerichten habe die Einführung elektronischer Dokumente Schwierigkeiten bereitet – wobei Ausschöpfungsverfahren „immer noch eine wichtige Rolle spielen“.

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