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Ein Land im Schock - Bangen und Flehen in der Türkei

Erdbebenkatastrophe - Hatay
Türkische Soldaten retten ein zehnjähriges Mädchen aus den Trümmern eines Hauses in Hatay.

Es gibt sie, die Geschichten von Rettungen nach etlichen Stunden unter Trümmern nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien. Eine davon ist die von Serap Ela. Die mit einem Schlafanzug bekleidete Fünfjährige wird von Helfern in Hatay aus den Trümmern gezogen, wie Videos von vor Ort zeigen.

Doch für andere kommt jede Hilfe zu spät, für Tausende. Etliche Menschen in der Katastrophenregion warten seit Tagen auf Hilfe. Viele wissen genau, wo ihre Angehörigen, Freunde oder Nachbarn in den Trümmern vergraben sind, können teilweise sogar mit ihnen telefonieren oder ihre Stimmen hören.

Auf Twitter wird millionenfach der Hashtag #SESVAR geteilt (gemeint ist: «Wir hören Stimmen»). Menschen teilen Standorte und flehen um Hilfe. Doch ohne das nötige technische Gerät hilft das alles nichts.

Große Hilfsbereitschaft im ganzen Land

Auf dem Weg in die zerstörten Gebiete sieht man derweil Helfer auf den Rastplätzen, häufig mit voll beladenen Autos. Einer sagt, er habe sich aus Ankara auf den Weg gemacht. Er packt Windeln in seinen Transporter, der bereits bis unters Dach voll gepackt ist. Auf den Straßen sind etliche Lkw unterwegs, oft mit Schildern, auf denen steht: «In Solidarität mit den Erdbebengebieten».

Betroffene klagen unterdessen über fehlende oder nur schleppende Hilfe bei der Bergung Verschütteter. Der türkische Oppositionsführer warf Präsident Recep Tayyip Erdogan persönlich Versagen vor. «Wenn jemand hauptverantwortlich für diesen Verlauf ist, dann ist es Erdogan», sagte Kemal Kilicdaroglu, Chef der größten Oppositionspartei CHP. Erdogan habe es versäumt, das Land in seiner 20-jährigen Regierungszeit auf solch ein Beben vorzubereiten.

Vielerorts wird unter anderem Pfusch am Bau als ein Grund für die vielen eingestürzten Häuser diskutiert. An der türkischen Börse stiegen besonders die Aktien von Zementunternehmen, Tausende Häuser müssen ersetzt werden.

Erdogan reiste in die Erdbebengebiete im Südosten des Landes. Er sei in der Provinz Kahramanmaras und auf dem Weg zu einer für die Erdbebenopfer errichteten Zeltstadt, teilte das Präsidialamt am Mittwochmittag mit. Erdogan wollte auch die Provinz Hatay besuchen. Beide Gebiete sind stark von den Beben getroffen, die Zentren vieler Städte sind massiv zerstört.

Massive Schäden an der Infrastruktur

Jesco Weickert von der Welthungerhilfe hat das Erdbeben im türkischen Gaziantep erlebt. Ihm und seinem Team stecke die Erfahrung noch in den Knochen. Auch wenn Gaziantep nicht so stark wie andere Regionen betroffen sei, sei an Alltag derzeit kaum zu denken. Viele der Kollegen seien schockiert, schliefen in Autos und trauten sich nicht mehr in ihre Häuser. Der Strom falle immer wieder aus und Gas gebe es nicht.

«Der Schaden an der Infrastruktur ist auch hier massiv. Ich weiß nicht, wie lang es dauern wird, bis man das alles wieder instand setzt», so Weickert. Die Leute seien fertig, wollten aber doch alle helfen, wo es nötig sei.

Die Regierung bezeichnete die Beben als eine der schlimmsten Katastrophen der vergangenen Jahrzehnte und kündigte an, alle verfügbaren Mittel zu mobilisieren. Mindestens 7000 Menschen wurden allein in der Türkei getötet, es gibt offiziell mehr als 40 000 Verletzte. Es werden Hunderte, wenn nicht Tausende weitere unter den Trümmern vermutet. 2270 Tote wurden aus Syrien gemeldet.

Auch die beiden Deutschen Bernd Horch und Peter Laake haben das Beben in Gaziantep miterlebt. «Es hat erst mal gedauert, bis ich verstanden habe, was gerade passiert», erzählt Horch. «Man denkt, man träumt. Das war schlimm. Und irgendwann realisiert man: Das war ein richtig dickes Ding.»

Die beiden Kollegen haben das Erdbeben unbeschadet überstanden und sich nun in einem Hotel in der Stadt Kayseri in Sicherheit gebracht, etwa 250 Kilometer vom Epizentrum des ersten Bebens entfernt.

Sie waren beruflich in Gaziantep und während des Bebens in einem Hotel untergebracht. Laake hätte eigentlich bis Mitte März in der Türkei bleiben sollen. Das ist nun erst einmal abgesagt. Beide warten nun auf ihre Heimreise nach Deutschland.

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