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Drogen in Kinderzeichnungen: Gefängnisscanner im Einsatz

Drogenscanner im Gefängnis
In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bruchsal wird eine Kindermalerei gezeigt.

Ein Herz auf farbigem Papier, vielleicht Wachsfarbe, plus eine strahlende Sonne und ein Lächeln unter „Ich vermisse dich“, geschrieben von einem kleinen, kindlichen Mann mit Buntstiften. Der moderne Drogenschmuggel in Gefängnissen erinnert manchmal an einen Bastelkurs in einer Kita. Weil die Gute-Laune-Bilder von Youxin, Sun und Penalty mit Drogen besprenkelt waren, wurde das Personal im Gefängnis misstrauisch, deckte es mit einem Streifen Testpapier ab und scannte es. Direkter Treffer. Drogen sollten zusammen mit den Zeichnungen geschmuggelt werden. Wenn es in einer Zelle landet, kann es in Einheiten zerlegt, geräuchert oder sogar verkauft werden.

Die Justiz in Baden-Württemberg will den Schmuggelversuch mit den hierzulande noch seltenen Drogenscannern bremsen. Das Gerät in der Größe einer Weinkiste erkennt in erster Linie neue psychoaktive Substanzen wie synthetische Cannabinoide. Und sie scheinen auch erfolgreich eingesetzt zu werden: Im vergangenen Jahr erzielten die beiden baden-württembergischen Scanner in den Justizvollzugsanstalten Bruchsal und Heilbronn bereits 150 Treffer. Natürlich bleibt die Dunkelziffer hoch.

„Das Gerät hat sich bewährt“, sagt Thomas Weber, Leiter der Justizvollzugsanstalt Bruchsal (JVA). “Wir machen das im Grunde mit allen Zeichnungen und Briefen, und wir haben viele Sendungen abgefangen.”

Diese sogenannten Neuen Psychoaktiven Substanzen (NpS) werden synthetisch hergestellt, um die Wirkung klassischer Substanzen nachzuahmen Drogen, Beispiele hierfür sind Amphetamine, Kokain oder Heroin. Die Konzentrationen von Spezialarzneimitteln sind jedoch sehr hoch, sodass kleinere Dosen im Mikrogrammbereich vergleichbare Wirkungen erzielen können. Diese Inhaltsstoffe sind nicht nur einfach im Internet zu bestellen, sondern im Vergleich zu klassischen Arzneimitteln auch sehr günstig. “Wenn wir einen Fall fangen, ist das Ausfallrisiko begrenzt, weil es nicht viel kostet”, erklärte JVA-Direktor Webb das Risiko für Kriminelle. In Bezug auf Kosten und Verkaufspreis leisten inhaftierte Drogendealer gute Arbeit.

Verbraucherproblem: keine Qualitätskontrolle. Art und Intensität der Wirkungen können vor Einnahme des Arzneimittels nicht vorhergesagt werden. Laut Bundesgesundheitsministerium kann die Einnahme „Übelkeit, starkes Erbrechen, Herzrasen und Orientierungslosigkeit, Kreislaufkollaps, Ohnmacht, Lähmungserscheinungen und Wahnvorstellungen bis hin zum Ausfall lebenswichtiger Funktionen“ verursachen. Es gab auch Todesfälle.

Drogen werden in der Regel per Post verschickt, auf Papier gedampft oder auf Tabak getropft, mit bloßem Auge kaum sichtbar. Beispielsweise nehmen Mitarbeiter der JVA Teststreifen, um einen verdächtigen Brief zu entnehmen, legen die Teststreifen in das Gerät und analysieren sie in Sekundenschnelle. „Ist das Papier mit Drogen getränkt, leuchtet das Warnsignal rot“, erklärt Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. “Das Verfahren ist einfacher und praktischer, als Probanden für jeden Verdachtsfall in ein externes Labor zu schicken.”

Nach Angaben des Justizministeriums identifiziert das “adaptive” Gerät synthetische Cannabinoide sowie andere Betäubungsmittel, einschließlich Marihuana oder Kokain. Demnach sind in der Datenbank der Kriminalpolizei Rheinland-Pfalz derzeit rund 830 verschiedene Substanzen identifizierbar, Tendenz steigend. Denn Hersteller von synthetischen Drogen ändern ständig Inhaltsstoffe und Formulierungen. „Es ist besonders perfide, auf diese Weise Bilder von Kindern zu übergießen und illegale Substanzen in Gefängnisse zu schmuggeln“, sagte Gentges.

Aber sie ist vom Erfolg der Geräte überzeugt: Sie habe als nächstes zwei Scanner landen müssen bestellt worden. Rheinland-Pfalz geht sogar noch weiter: Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt werden nun bundesweit Scanner in Justizvollzugsanstalten eingesetzt, um raffiniert geschmuggelte Markendrogen aufzuspüren.

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