Zu Mordprozessen werden die Angeklagten meist aus der U-Haft ins Gericht gebracht – in Bremen betraten drei Beschuldigte am Mittwoch den Gerichtssaal als freie Männer. Die Staatsanwältin warf ihnen in der Anklage gemeinschaftlichen Mord aus Habgier vor: Sie sollen im April 2020 einen Mann festgehalten, beraubt und dann ermordet haben. Von dem 46-jährigen Opfer sind trotz Suchaktionen der Ermittler im niedersächsischen Umland nur einzelne Teile gefunden worden.
Die Angeklagten im Alter von 32, 40 und 41 Jahren verbargen im Gericht ihre Gesichter hinter Aktendeckeln. Sie waren im Oktober 2021 verhaftet worden. Doch wegen der komplizierten Ermittlungen konnte ihr Fall nicht binnen sechs Monaten Untersuchungshaft am Landgericht verhandelt werden. «Die Beweislage stellte sich von Anfang an als äußerst schwierig heraus», sagte ein Gerichtssprecher. Deshalb verfügte das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen im Mai 2022 die Freilassung der mutmaßlichen Täter. Die Generalstaatsanwaltschaft Bremen hatte generell Zweifel am Tatverdacht.
Laut Anklage sollen die 32 und 40 Jahre alten Männer das Opfer, ihren Vermieter, gefesselt und geschlagen haben. Sie erpressten von ihm mehrere Geldkarten und die PINs dazu. Dann soll der 40-Jährige den Gefesselten bewusstlos geschlagen, der 32-Jährige ihn stranguliert haben. Der 41-Jährige soll mit den Geldkarten 1000 Euro abgehoben haben. Außerdem verkauften die Täter die Autos des Opfers und seiner Mutter (Az. 21 Ks 271 Js 900044/21).
Die Familie des Opfers und später die Polizei gingen lange von einem Vermisstenfall aus. Die Schwester schilderte als Zeugin, dass sie ihren Bruder ab April 2020 nicht mehr kontaktieren konnte. Als sie ein halbes Jahr später dessen Wohnung in Bremen besuchte, sah sie den überquellenden Briefkasten und erstattete Vermisstenanzeige.
Die Polizei vermutete zunächst kein Verbrechen und kam erst im September 2021 auf die Spur des Trios. Auf der Suche nach der Leiche ließen die Ermittler unter anderem bei Posthausen im Landkreis Verden Erde abtragen und durchkämmten das Areal.
Während die Angeklagten zu Prozessbeginn von ihrem Schweigerecht Gebrauch machten, erhoben ihre Verteidiger schwere Vorwürfe gegen Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Behörden hätten «getäuscht, getrickst und gelogen», sagte ein Anwalt. Die Ermittler hätten vorgegeben, die Beschuldigten zu einem anderen Delikt zu vernehmen, hätten sie aber unzulässigerweise zu dem mutmaßlichen Mord befragt. Die Strafkammer werde im Prozess nicht nur den Inhalt der Vernehmungen zu prüfen haben, sondern auch, wie dieser zustande kam, sagte ein Sprecher des Landgerichts.