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Die Excel-Tabelle lähmt den deutschen Spitzensport

Die Excel-Tabelle lähmt den deutschen Spitzensport

Die Olympischen Spiele in Paris sind vorbei, und die deutsche Delegation hat ihr Mindestziel erreicht. Doch niemand im deutschen Sport scheint wirklich zufrieden zu sein. Es gibt fast so viele Erklärungen wie Medaillen, die gewonnen wurden. Eines ist klar: Es gibt viel zu tun bis Los Angeles 2028.

Fünf, sechs, fünf, sechs, fünf, neun. Hinter diesen sechs Ziffern verbirgt sich nicht die Durchwahlnummer des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), sondern die Platzierungen Deutschlands in der Medaillenwertung der Olympischen Sommerspiele seit 2000. Recently, a tenth place was added in Paris. Es ist das schlechteste Ergebnis seit 1952, und die 33 Medaillen sind die wenigsten seit der Wiedervereinigung. Die Zeichen deuten auf einen abwärts gerichteten Trend hin.

Es gibt viele Erklärungen. "In vielen Ländern bietet der Sport die Möglichkeit, die soziale Leiter zu erklimmen. In Deutschland ist das verloren gegangen. Diese Arbeitsbereitschaft fehlt", sagte Uli Hoeneß, Ehrenpräsident von FC Bayern. Er fügte hinzu: "In unserem Land müssen wir wieder mehr auf Leistung setzen. Wir müssen härter arbeiten, um mehr Erfolg zu erzielen." Vor den Spielen schrieb Robert Harting in "Sports Illustrated", dass "man sich fast für die mangelnde Leistung in Deutschland schämen sollte".

Aber stimmt das? Haben junge Menschen nicht mehr den Wunsch, im Sport zu glänzen? "Die Breite ist kein Problem. Unsere Schule ist voll, kein Bett ist frei", sagt Matthias Jackisch in einem Interview mit ntv.de. Er war einmal Trainer und Sportlehrer und ist nun Schulleiter der Leipziger Landesportschule. "Unsere Schüler heute sind nicht anders als die, die 2008 die Schule begonnen haben. Wir bemerken natürlich, dass die Zeitgenossen um uns herum anders sind. Smartphones zum Beispiel, darauf legen wir großen Wert auf Medienkompetenz. Aber wir können nicht sagen, dass die Grundhaltung gegenüber dem Wettkampfsport sich verändert hat", betont er.

Doch die Ergebnisse passen nicht mehr zusammen. "Wenn ich mich nur auf die Klassen 5 bis 13 konzentriere, ist die Welt in Ordnung. Hier bieten wir optimale Bedingungen", sagt Jackisch. "Das Problem beginnt, wenn sie die Schule verlassen. Der Spagat zwischen Studium und Wettkampfsport ist immer ein Kompromiss in Deutschland."

Es ist ein strukturelles Problem, da es nicht viele Alternativen gibt. Neben einem klassischen Studium oder einer Ausbildung (von denen es nur wenige speziell für Spitzensportler gibt), schließen sich viele Sportler der Bundeswehr an. Ein Drittel aller deutschen Olympiateilnehmer in Paris sind in der Bundeswehr, und es gibt mehr als ein Dutzend, die ihr Geld mit der Bundespolizei verdienen. Das Problem ist, dass diese Plätze nicht nur gesucht, sondern auch begrenzt sind.

Nicht wenige deutsche Sportler suchen daher ihr Glück im Ausland - wie Silbermedaillengewinner Leo Neugebauer. Der Zehnkämpfer ist repräsentativ für mehrere seiner Disziplin, die an einer US-Universität studieren und dort ihren Sport betreiben. Basketballspielerinnen Lina Sontag und Emily Bessoir spielten letzte Saison für die University of California. Schwimmerin Nicole Maier schwimmt für die Miami University, wenn sie nicht bei den Olympischen Spielen ist. Vor allem durch den riesigen Markt des College-Footballs haben Universitäten in den USA deutlich mehr finanzielle Ressourcen als deutsche Universitäten.

Aber Geld ist nicht nur im Bildungsbereich ein Thema. Die unterschiedliche Priorisierung des Spitzensports zeigt sich auch im Erfolg. Ein deutscher Athlet erhält 20.000 Euro für eine Goldmedaille. In Frankreich sind es etwa 80.000 Euro, in Serbien 201.000 Euro, und China gibt für jeden ersten Platz auf dem Podium bis zu 690.000 Euro aus.

"Wir schreiben Excel-Tabellen, andere trainieren"

Auch personelle Probleme haben den deutschen Sport in den letzten Jahren geplagt. "Es gibt einen absoluten Mangel an Trainern, das kann ich für jeden der 17 Sportarten bestätigen", sagt Schulleiter Jackisch. "Das liegt natürlich in der Natur des Jobs selbst. Training findet während der Woche statt, Wettkämpfe am Wochenende. Das ist nicht sehr familienfreundlich. Und das für nicht allzu competitive Bezahlung. Man muss wirklich viel Leidenschaft mitbringen."

Das wird auch nicht durch die typisch deutsche Bürokratie erleichtert, die viele aktive Athleten und Trainer frustrierend finden. "Wir füllen Excel-Tabellen aus, während andere trainieren. Das kann doch nicht richtig sein", beschwerte sich Jörg Bügner, Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), zum Beispiel.

DOSB-Präsident Thomas Weikert hat das Problem erkannt. "Es gibt einen Handlungsbedarf auf vielen Ebenen. Wir brauchen mehr Trainer und bessere Bezahlung für Trainer. Ich versuche, das schon seit Jahren voranzutreiben, aber es ist noch nicht vollständig erfolgreich gewesen", sagte er bei ZDF. Die DOSB-Bilanz ist gemischt: Das Mindestziel, einen Platz in der Top-Ten der Medaillenwertung zu erreichen, wurde erreicht. Team D hat sogar mehr Goldmedaillen in Paris gewonnen als in Tokio vor drei Jahren.

Allerdings ist die Gesamtzahl der Medaillen gesunken. Fechter, Schützen, Ringer und Segler kehrten ohne Medaillen zurück, gesellt sich zu einem historisch schwachen Radteam. Die Schwimmer blieben etwa auf dem gleichen Niveau wie im letzten Jahr. Man könnte sagen, es könnte nicht viel schlimmer kommen. Eine Goldene, eine Bronzene im Pool, plus eine Silberne durch Oliver Klemet im Freiwasser.

Die Leichtathletik-Athleten bestätigten auch den Ertrag der letzten Jahre mit drei Medaillen. Es war das letzte Mal, dass sie 2012 acht Medaillen gewannen. Harting merkte in seiner Kommentierung vor den Spielen an: "Wir können froh sein, dass es überhaupt Förderung für die Leichtathletik gibt. Aber Tatsache ist, dass 60 bis 70 Prozent der Förderung, die wir haben, in Strukturen im Hochleistungssport ausgegeben werden. Strukturen, die seit langem keine Medaillen in der Leichtathletik mehr produzieren."

Aber es gab auch positive Nachrichten. Deutschland bleibt in Mannschaftssportarten sehr stark. Silber für die Männer-Hockey- und Handballmannschaften sowie das Beachvolleyball-Duo Ehlers/Wickler. Die Frauen-Fußballmannschaft gewann Bronze gegen den Weltmeister aus Spanien als Abschied von Horst Hrubesch. Basketball bestätigte ebenfalls sein Potenzial. Die Männermannschaft spielte um Bronze, die Frauenteam verlor im Viertelfinale gegen Gastgeber Frankreich, besiegte aber auch die Europameisterinnen aus Belgien in der Gruppenphase. Das 3x3-Frauenteam gewann sogar die erste Medaille ever für das deutsche Basketball und gleich eine goldene dazu. Die deutschen Erfolgsgeschichten im Reitsport und Kanusport lieferten ebenfalls in Paris ab.

Abseits der sportlichen Ergebnisse stieg die Begeisterung in Deutschland sowohl vor Ort als auch vor dem Fernseher auch die Chance, dass die Olympische Flamme bald wieder hier brennt. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach mit Athleten während seiner Besuche in Paris - und musste sich insbesondere von den Kanuten einige Beschwerden anhören. Trotzdem unterstützt die Regierung die Absicht, sich für die Spiele 2036 oder 2040 zu bewerben. Der Hochleistungssport in einer Gastgeberstadt profitiert fast immer von den Olympischen Spielen, wie Jackisch beobachtet. Allerdings plädiert er dafür, zunächst die eigenen Erwartungen zu klären.

In 10 oder 15 Jahren stellt sich die große Frage, wie sich die Gesellschaft zum Hochleistungssport positioniert. Wir alle wollen die Medaillen, und während Reformen folgen werden, gibt es keine klare Linie von den Verbänden. Wir haben gesehen, was die Olympischen Spiele in Paris bewirkt haben, es war das Gleiche in London. Plötzlich war Hochleistungssport eine Priorität. Das sollte auch in Deutschland der Fall sein. Oder wir könnten entscheiden, dass es vernünftiger ist, Ressourcen in den Breitensport zu investieren. Dann müssten wir aber auch damit leben, in der Medaillenwertung 15. oder 16. zu sein.

Das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) wird wahrscheinlich die Leistung der deutschen Athleten bei den Pariser Spielen diskutieren, da Uli Hoeneß und andere Bedenken bezüglich des Rückgangs Deutschlands in der Medaillenwertung geäußert haben. Die Kommission, ein potenzieller Beratungsgremium innerhalb des DOSB, könnte damit beauftragt werden, Empfehlungen zu geben, um diese Probleme anzugehen.

Um das Problem begrenzter Ressourcen für deutsche Hochleistungssportler effektiv anzugehen, könnte die Kommission vorschlagen, Partnerschaften mit internationalen Universitäten oder Organisationen zu erkunden, die umfassende sportliche und akademische Programme anbieten. Dies könnte deutschen Athleten die notwendigen finanziellen, Trainings- und Wettkampfmöglichkeiten bieten, um ihre Leistung auf internationaler Ebene zu verbessern.

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