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«Das fliegende Klassenzimmer»: Neuauflage mit Girl-Power

Das fliegende Klassenzimmer
Der Kinder- und Jugendbuchklassiker «Das fliegende Klassenzimmer» wurde bereits dreimal verfilmt. Nun kommt eine vierte Version in die deutschen Kinos.

Drei Verfilmungen des Kinder- und Jugendbuchklassikers «Das fliegende Klassenzimmer» von 1933 gab es schon: 1954 wirkte der Verfasser des Buchs, Erich Kästner, selbst an der Adaption mit. Es folgten: die berühmte Variante von 1973, mit Joachim Fuchsberger, sowie die Auflage von 2003: ein starker Sebastian Koch in der Rolle des Robert «Nichtraucher» Uthoff.

Zwanzig Jahre sind ins Land gegangen, die famose Vorlage hat nichts an Strahlkraft eingebüßt; und auch das Kino findet immer noch Gefallen an dem Stoff. Erstmals hat sich nun eine Regisseurin des «fliegenden Klassenzimmers» angenommen – die in Berlin lebende Schwedin Carolina Hellsgård kennt man etwa durch ihr Zombie-Werk «Endzeit». Es spielen: ein famoser Tom Schilling, ein starker Trystan Pütter, eine lustige Hannah Herzsprung. Dazu kongeniale Jungdarsteller wie Leni Deschner, die in die Hauptrolle der 13-jährigen Martina schlüpft. Sowie auffallend viele weitere Darstellerinnen.

Die Handlung

Martina lebt mit Mutter (Jördis Triebel) und kleinem Bruder in einer unwirtlichen, selbst für Berliner Verhältnisse grau anmutenden Hochhaussiedlung. Die Chance auf ein Stipendium für das Südtiroler Johann-Sigismund-Gymnasium macht der versierten Skaterin Hoffnung auf ein Entkommen. Vor Ort aber, im idyllischen Tirol, muss sie erst einmal reinfinden in all die skurrilen Regeln. Die Pennälerschaft der renommierten weiterführenden Schule ist nämlich streng unterteilt: Hier die Stadtkinder des Internats, dort die «Externen» aus dem ländlichen Ort Kirchberg.

Und, ganz wichtig: Man mischt sich nicht, ist sich stattdessen spinnefeind. Das Internatszimmer teilt sich Martina mit der so liebenswürdigen wie stets coolen Jo (Lovena Börschmann Ziegler); und auch der gutmütige Matze (Morten Völlger) und der adlige Uli (Wanja Valentin Kube) gehören bald zu ihrer neuen Peergroup. Diese Gruppe gibt Martina ein wenig Halt in neuer Umgebung – mehr als fraglich ist indes, ob die ewigen Streitereien zwischen Oben und Unten, zwischen Dorf und Internat, über ein gemeinsames Theaterprojekt (Das fliegende Klassenzimmer) beizulegen sind. Dazu kommt eine dramatische Situation, in der es weniger ein Klassenzimmer, dafür ausgerechnet der schmächtige Uli ist, der (wenn auch unfreiwilliger Weise) fliegen lernt.

Emotionale Szenen

Tom Schilling ist fast zu lieb als Justus Bökh, Leiter des Internats; und doch treibt er einem in zwei, drei Szenen Tränen in die Augen: So rührend nimmt er sich des Neulings Martina an, offeriert ihr sogar Mathe-Nachhilfe (in den Ferien), damit sie die Aufnahmeprüfung schafft. Bewegend auch die Wiederannäherung der alten Schul- und Bandkumpane Bökh und Uthoff.

Uthoff (so rätselhaft wie lässig: Trystan Pütter), genannt «Nichtraucher», wohnt zurückgezogen in einem betagten Eisenbahnwagen, erweist sich aber im Laufe des Films als weitere Stütze der Kids. Wie überhaupt die Erwachsenen hier weniger als gestrenge Gegenspieler der Kinder auftreten; Erich Kästners Menschenfreundlichkeit sei Dank. Etwas aus der Reihe fällt eine skurril-bunte, mit übergroßem Brillenmodell angetane Hannah Herzsprung als Schillings überforderte, teils derangierte Kollegin. Herzsprung tut einem etwas leid, eignet ihrer Figur doch bei aller Lustigkeit etwas arg Klamaukhaftes. Zumal der Auftritt für sie von nicht ganz kleiner Bedeutung gewesen sein dürfte: War doch ihr Vater, Bernd Herzsprung, in der 73er-Film-Version der Geschichte mit dabei.

Kino zum Nachdenken

Wie schon der, noch etwas längere Vorgänger von 2003 (Regie: Tomy Wigand) fällt auch diese Neuadaption für kleinere Kinderaugen und -ohren nicht eben kurz aus: Gute 90 Minuten stehen auf der Uhr. Kästners Buch aber gibt auch einfach viel her. Und regt auch mittels dieser Fassung fürs Kino zum Nachdenken an. Über Themen wie Freundschaft, das Erwachsenwerden, den Unterschied zwischen Mut und Klugheit, und die Erkenntnis, dass es zuweilen beider bedarf: «Erst wenn die Mutigen klug und die Klugen mutig geworden sind, wird das zu spüren sein, was irrtümlicherweise schon oft festgestellt wurde: ein Fortschritt der Menschheit».

Weitere prägnante Kästner-Zitate sind es, die man neben vielen rührenden und einigen spannenden Momenten aus dieser gelungenen Neuinterpretation eines Klassikers («ein Roman für Kinder») nach Hause trägt. Am wichtigsten vielleicht: «Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch».

Das fliegende Klassenzimmer, D 2023, 90 Min., FSK ab 0, von Carolina Hellsgård, mit Tom Schilling, Hannah Herzsprung, Leni Deschner

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