Bevor neue Windräder oder Fernstraßen gebaut werden können, hängen die Projekte oft jahrelang vor deutschen Verwaltungsgerichten fest. Das soll ein neues Gesetz ändern. Bei manchen bleiben aber Zweifel.

Windräder

Wind­rä­der, Strom­lei­tun­gen, Schie­nen: Gerich­te sol­len künf­tig über wich­ti­ge Aus­bau­pro­jek­te für erneu­er­ba­ren Ener­gien und ande­re gro­ße Infra­struk­tur­vor­ha­ben schnel­ler ent­schei­den. Das hat der Bun­des­tag am Frei­tag beschlos­sen.

Ziel der Reform der Ampel-Koali­ti­on aus SPD, Grü­nen und FDP ist, bei als beson­ders bedeut­sam ein­ge­stuf­ten Pro­jek­ten die Ver­fah­ren vor den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten zu ver­kür­zen. Zu die­sen Vor­ha­ben zäh­len unter ande­rem der Aus­bau des Schie­nen­net­zes sowie von Wind­ener­gie-Anla­gen, Fern­stra­ßen, grö­ße­ren Gas­ver­sor­gungs­lei­tun­gen und Hochspannungsleitungen. 

Personal an Gerichten soll entlastet werden

Das Gesetz sieht bei­spiels­wei­se die Bil­dung spe­zia­li­sier­ter Kam­mern oder Sena­te für Pla­nungs­recht sowie Fris­ten vor, damit sich Ver­fah­ren zu sol­chen Groß­pro­jek­ten nicht mehr jah­re­lang hin­zie­hen. Das Per­so­nal an den Gerich­ten soll zudem ent­las­tet wer­den: In bestimm­ten Fäl­len kön­nen künf­tig ein­zel­ne Rich­ter oder klei­ne­re Kam­mern Ent­schei­dun­gen in sol­chen Ver­fah­ren tref­fen. Dar­über hin­aus soll ein Gericht einen Man­gel des ange­foch­te­nen Ver­wal­tungs­ak­tes außer Acht las­sen kön­nen, wenn offen­sicht­lich ist, dass die­ser bald beho­ben sein wird.

Der Grü­nen-Abge­ord­ne­te Lukas Ben­ner sag­te, das neue Gesetz habe drei Säu­len: «Mehr Fle­xi­bi­li­tät für Gerich­te, Arbeits­er­leich­te­rung und straf­fe­re Ver­fah­ren». Es sei natür­lich nicht der gro­ße Wurf, der alle Pro­ble­me löse. Aber das habe auch nie­mand behaup­tet. «Wenn wir es ernst mei­nen, (…) dann müs­sen wir jeden ein­zel­nen Stein umdre­hen und die Poten­zia­le ber­gen», sag­te Ben­ner. Das Gesetz wur­de mit den Stim­men der Regie­rungs­frak­tio­nen SPD, Grü­ne und FDP ange­nom­men. Die Links­frak­ti­on stimm­te eben­falls zu. Die Abge­ord­ne­ten von Uni­on und AfD votier­ten dagegen.

Buschmann: «Beim Schnellerwerden keine Zeit verlieren»

Bun­des­jus­tiz­mi­nis­ter Mar­co Busch­mann (FDP) begrüß­te die Ent­schei­dung: «Wir dür­fen beim Schnel­ler­wer­den kei­ne Zeit ver­lie­ren», erklär­te er. Das neue Gesetz sei ein ers­ter guter Bau­stein auf dem Weg, Ver­fah­ren zu beschleu­ni­gen und leis­te einen Bei­trag zur schnel­le­ren Moder­ni­sie­rung des Landes. 

Schar­fe Kri­tik kam indes von der Oppo­si­ti­on. Die Reform sei allen­falls gut gemeint, mit Sicher­heit aber schlecht gemacht, sag­te der CSU-Abge­ord­ne­te Ste­phan May­er. Weil man­che Rege­lun­gen voll­kom­men vage sei­en, befürch­te er, dass das Gesetz sogar zu Ver­zö­ge­rung füh­ren könn­te. Susan­ne Hen­nig-Well­sow (Lin­ke) hielt die Ziel­set­zung des Geset­zes für rich­tig und gut — bemän­gel­te aber, dass die Bun­des­re­gie­rung etwa das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt bereits jetzt mit mehr Per­so­nal aus­stat­ten könn­te. Es wer­de nichts schnel­ler, wenn man wich­ti­ge Stell­schrau­ben ver­ges­se, sag­te sie.

Amthor kritisiert «Mini-Reförmchen»

Der CDU-Abge­ord­ne­te Phil­ipp Amt­hor kri­ti­sier­te die Ampel-Regie­rung für ihr «Mini-Reförm­chen». Das Eti­kett einer Pla­nungs­be­schleu­ni­gung habe es nicht ver­dient. Wie meh­re­re sei­ner Vor­red­ner sah er mehr Poten­zi­al für Beschleu­ni­gung im Pla­nungs­ver­fah­ren — also im Sta­di­um vor einer gericht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung. «Statt den Stall vol­ler Pro­ble­me im Pla­nungs­ver­fah­ren aus­zu­mis­ten, suchen sie die fei­ne, gol­de­ne Nadel im Heu­hau­fen», sag­te Amt­hor. Das sei zu wenig.

Inner­halb der Ampel-Koali­ti­on gibt es seit län­ge­rem Streit um eine mög­li­che Beschleu­ni­gung von Pla­nungs­ver­fah­ren gene­rell. Erst Ende Janu­ar hat­te es ein Tref­fen der Spit­zen der Ampel-Par­tei­en und ‑Frak­tio­nen mit Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) gege­ben — ohne Ergeb­nis. Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­ter Vol­ker Wis­sing (FDP) will Stra­ßen und Brü­cken schnel­ler bau­en las­sen, die Grü­nen leh­nen die Beschleu­ni­gun­gen von Auto­bahn­neu­bau­ten jedoch strikt ab. 

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Titelbild: Patrick Pleul/dpa

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